Übereinandergelegte Frauenhände in der Mitte eines Kreises

Förderung

Das Projekt wurde vom 01.07.2021 bis 31.12.2022 vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Mitteln der Europäischen Union im Rahmen der Reaktion auf die COVID-19-Pandemie gefördert.

Gemeinsam stärker - Empowerment für mehr Teilhabechancen

Das überregionale Netzwerk-Projekt „EmMi“ stärkte die Teilhabechancen von Migrantinnen in den Bereichen Alltag, gesellschaftliches Leben sowie Bildung und Arbeit. Im Projektzeitraum vom 01.07.2021 bis 31.12.2022 wurden hierfür an mehreren Standorten in Baden-Württemberg niedrigschwellige und bedarfsorientierte Empowermentmaßnahmen unter Einbezug der Lebenssituation, Wünschen und Ideen der Frauen entwickelt und durchgeführt. Zudem zielte EmMi auf überregionaler Ebene auf die strukturelle Verbesserung gesellschaftlicher wie beruflicher Teilhabechancen von Migrantinnen.

Erschwerte Teilhabechancen für Migrantinnen
Frauen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte haben eine Schlüsselrolle in der Erziehung und im Integrationsprozess ihrer Familien. Migrantinnen sind, über die grundsätzliche Genderthematik in Deutschland hinaus, im Hinblick auf ihre gesellschaftlichen wie beruflichen Teilhabechancen jedoch besonders diskriminiert und benachteiligt. Trotz des wachsenden Bevölkerungsanteils sind Migrantinnen im öffentlichen wie politischen Leben nicht angemessen vertreten. Aber auch auf dem Arbeitsmarkt sind sie deutlich unterrepräsentiert und zudem nur selten qualifikationsadäquat beschäftigt. Dies trifft insbesondere auf Mütter mit Migrationshintergrund zu.

Multiple Herausforderungen beim „Ankommen“ in Deutschland
Das Zurechtfindenmüssen im neuen „Alltag“, Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede, ein unsicherer Aufenthaltsstatus, fehlende Privatsphäre in Gemeinschaftsunterkünften oder beengte Wohnverhältnisse sind nur wenige der vielen Herausforderungen, mit denen Migrant*innen konfrontiert sind. Hinzu kommen sehr häufig die Trennung von und/oder die Angst um die im Heimatland zurückgebliebene Familie und Freunde sowie traumatisierende Erlebnisse vor oder während der Flucht. Fehlende Kontaktmöglichkeiten und Diskriminierungserfahrungen im Alltag verhindern oft auch nach Jahren noch ein „Ankommen“.

Zu wenig niedrigschwellige Angebote und Zugänge zur Zielgruppe
Frauen übernehmen überwiegend den Haushalt sowie Kinder- und Pflegebetreuungspflichten, dies gilt auch für Migrantinnen. Eigene Wünsche und die Verbesserung der eigenen Teilhabechancen werden häufig hinter die Bedürfnisse von Familie/Kindern zurückgestellt. Der Zugang zu den Frauen ist dadurch erschwert. Dies zeigt sich u.a. in der großen Differenz in der Bildungsbeteiligung sowie den signifikant schlechteren Deutschkenntnissen gegenüber der Gruppe der männlichen Migranten. Besonders deutlich werden diese Differenzen, wenn Kinder im Haushalt leben. Im Sinne der Gleichstellung muss daher auch das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Integration mitgedacht werden. Insgesamt gibt es aber noch viel zu wenige familienorientierte und frauenspezifische Ansätze. Viele Angebote setzen nicht früh genug im Integrationsprozess an und/oder lassen frauen- und mütterspezifische Bedarfe außer Acht. So fehlen u.a. vielfach noch geeignete und flexible Kinderbetreuungsangebote. In der Folge wird die Zielgruppe der Migrantinnen nur unzulänglich oder überhaupt nicht durch bestehende Angebote angesprochen oder erreicht. Dabei nehmen Frauen mit Flucht- oder Migrationsbiografie eine Schlüsselrolle in der Erziehung und im Integrationsprozess ihrer Familie ein. Durch das Empowerment der Frauen können u.a. auch die Teilhabe- und Bildungschancen der Kinder aus migrantischen Familien langfristig verbessert werden. Familienorientierte und frauenspezifische Angebote sind hierfür ein wichtiger Grundstein.

Corona als Katalysator bestehender Ungleichheiten im Hinblick auf Bildungschancen, gesellschaftliche und berufliche Teilhabe
Die Pandemie hat und hatte Auswirkungen auf die Bildungschancen von Migrantinnen und ihren Familien. Sprachkurse oder Förderangebote waren ausgesetzt oder unterbrochen. Alternative Online-Angebote konnten von vielen Migrant*innen nicht wahrgenommen werden. Entweder waren sprachliche/digitale Kompetenzen noch nicht weit genug fortgeschritten oder es fehlte der Zugang zu WLAN. Häufig – wenn überhaupt – war nur ein Endgerät in den Familien vorhanden. Die Homeschooling-Situation wirkte sich so insb. negativ auf den Integrationsprozess von Müttern aus. Hier sind und waren auch (Bildungs-)Träger gefordert, niedrigschwellige Online-Angebote zu entwickeln und ihre Mitarbeitenden entsprechend zu schulen. Daneben mussten und müssen digitale Kompetenzen der Migrantinnen gestärkt und entsprechende digitale Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Die finanzielle und soziale Benachteiligung vieler Bevölkerungsgruppen wurde während der Pandemie überdeutlich. Auch die Gruppe der Migrantinnen und ihre Familien waren signifikant betroffen.
Während des Lockdowns waren zudem der Zugang zu den Frauen und die Beziehungsarbeit deutlich erschwert oder überhaupt nicht mehr möglich. Durch die stark begrenzten Kontaktmöglichkeiten litt der Auf- bzw. Ausbau des sozialen Umfeldes außerhalb der eigenen Familie und Bekanntenkreise. Deutschkenntnisse konnten in der Praxis nicht erprobt und weiter gefestigt werden. Die soziale Distanz beeinträchtigte das psychische Wohlbefinden der ohnehin oftmals traumatisierten Menschen. Auch hiervon waren insbesondere Migrantinnen betroffen. Die Pandemie hat sich vor allem aber auch negativ auf berufliche Teilhabechancen ausgewirkt. Dies zeigt sich u.a. in der verzögerten „Vermittlungsreife“ sowie im Wegfall niedrigschwelliger Berufsorientierung, bspw. durch Praktika. Kontakte zu Arbeitgeber*innen fanden häufig nur noch über Telefon oder E-Mail statt – beides Medien mit Barrieren für Nicht-Muttersprachler*innen. Hinzu kam, dass Bewerbungsprozesse zunehmend digitalisiert werden, was wiederum Hürden für die Zielgruppe darstellt. Insgesamt sank die Einstellungsbereitschaft vieler Betriebe gegenüber Migrantinnen während der Pandemie noch weiter. Die Perspektivlosigkeit während des Lockdowns führte so in vielen Fällen zu sinkendem Engagement für die eigenen Integrationsfortschritte, insb. auch die Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung.

Informationsmaterial

Projektflyer EmMi

Projektangebot

Für und mit den Frauen – bedarfsorientiertes und niedrigschwelliges Empowerment
Zielgruppe von EmMi waren Frauen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte an den vier Projektstandorten: Reutlingen und die Landkreise Hohenlohekreis, Main-Tauber-Kreis und Ortenaukreis. Das Angebot richtete sich insbesondere, aber nicht ausschließlich, an Mütter, unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status, Herkunft und Bildungsgrad unter Einbezug der gesamten Familie.
Die Netzwerkstandorte boten eine breite Palette passgenauer Empowerment-Maßnahmen im Kontext Alltag und gesellschaftliches Leben, Bildung und Beruf an. Diese wurden dabei stets gemeinsam mit den Teilnehmerinnen entwickelt und gestaltet. An allen Standorten fanden in „EmMi“ sowohl Gruppenangebote als auch begleitende individuelle Beratung und Coaching statt. Um überregional Qualitätsstandards im Netzwerkverbund zu sichern, erfolgte das Empowerment der Frauen in drei aufeinander aufbauenden Stufen:


1. Stufe: Zugänge zur Zielgruppe herstellen und über Beziehungsarbeit stärken sowie Übergänge in geeignete spezifischere Maßnehmen anstoßen.
2. Stufe: Bedarfsorientierte Empowermentmaßnahmen mit niedrigschwelliger Informationsvermittlung und Unterstützung bei der Entwicklung persönlicher Potenziale – Ziel: Befähigung zur sozioökonomischen Teilhabe.
3.Stufe: Heranführung an das gesellschaftliche und politische Leben sowie Sensibilisierung und Heranführung an das Thema „Ausbildungs- und Arbeitsmarkt“.

Die Querschnittsaufgaben über alle drei Stufen waren dabei:

  • ein familienorientierter Ansatz und die Sicherstellung der Kinderbetreuung
  • die Stärkung sprachlich-kommunikativer und beruflicher Kompetenzen
  • die Stärkung der digitalen Kompetenzen der Teilnehmerinnen wie auch der Mitarbeiterinnen und damit die Verbesserung des Zugangs zu digitalen Angeboten und Informationen
  • die Digitalisierung und Professionalisierung von Empowerment-Angeboten über den überregionalen Austausch und Nutzung von Synergien bei den Projektpartnern
     

Strukturelle Ziele
EmMi hatte sich neben der teilnehmerinnenbezogenen Ebene auch auf überregionaler struktureller Ebene das Ziel gesetzt, Verbesserungen für die Teilhabechancen von Migrantinnen insgesamt in Baden-Württemberg anzustoßen. Ziel war es, die gemachten Erfahrungen im Projekt dann in einem Good-Practice-Produkt zu verschriftlichen und Dritten zu Projektende zur Verfügung zu stellen. Die Vernetzung mit strategischen Partner*innen war dabei ein wichtiger Schritt. Darüber hinaus sollten an allen Standorten niedrigschwelliger Empowermentansätze für Migrantinnen im Kontext Alltag, gesellschaftliches Leben und Beruf entwickelt und erprobt werden. Durch den Wissenstransfer im Projektverbund wurden frauenspezifische Empowermentkompetenzen bei allen Teilprojektpartnern erhöht und bedarfsorientierte Maßnahmen und Angebote stetig weiterentwickelt.
 

Eine wichtige Querschnittsaufgabe an allen Standorten war ebenso das Thema „Digitalisierung“. Ziel war es, eine größere Reichweite und bessere Unterstützung insb. in ländlichen Regionen bieten zu können, niedrigschwellige und bedarfsorientierte Online-Angebote als Reaktion auf die Corona-Pandemie zu entwickeln und zu erproben sowie insgesamt den Zugang der Zielgruppe zu digitalen Angeboten und Informationen zu verbessern. Dies schloß sowohl den Auf- bzw. Ausbau digitaler Kompetenzen und Angebote auf Trägerseite, inklusive der Zurverfügungstellung der benötigten Infrastruktur, als auch das entsprechende Empowerment der Migrantinnen ein. Auch hier sollten über den Projektzeitraum Good-Practice-Ansätze identifiziert und aufbereitet sowie Dritten als Good-Practice-Produkt zur Verfügung gestellt werden.

Durch beide Good-Practice-Produkte sollten insgesamt Qualitätsstandards gesetzt sowie der Ausbau und die Professionalisierung des Unterstützungsangebots für Migrantinnen überregional vorangebracht werden.

Projekterfolge

Gesamtergebnisse des Projekts EmMi

 

In den 18 Monaten der Projektlaufzeit wurde durch Empowermentaktivitäten im Rahmen des 3-Stufenplans die gesellschaftliche wie berufliche Teilhabe von insgesamt 192 Teilnehmerinnen (2021: 66 u. 2022: 126) verbessert - also bei deutlich mehr als den geplanten 161! Zahlreiche weitere Migrantinnen wurden über Kurzberatung im Bagatellbereich erreicht.

Dies zeigt, dass das frauenspezifische, niedrigschwellige, bedarfsorientierte Projektkonzept mit 3-Stufen-Plan genau richtig war und ist, um die Zielgruppe zu erreichen und über spezifische Angebote und Maßnahmen stufenweise und nachhaltig für eine stärkere Teilhabe in Alltag und gesellschaftlichem Leben, Bildung und Beruf zu befähigen.

Es zeigt aber auch die hohen Bedarfe an niedrigeschwelligem Empowerment und ganzheitlicher Unterstützung der Zielgruppe - die längerfristig bearbeitet werden sollten und auch über die Projektlaufzeit hinaus weiterhin bestehen!

Gesamtergebnisse des Projekts EmMi
Akkordeonelement
links
Ergebnisse des Projekts werden in Kreisen dargestellt

 

In den 18 Monaten der Projektlaufzeit wurde durch Empowermentaktivitäten im Rahmen des 3-Stufenplans die gesellschaftliche wie berufliche Teilhabe von insgesamt 192 Teilnehmerinnen (2021: 66 u. 2022: 126) verbessert - also bei deutlich mehr als den geplanten 161! Zahlreiche weitere Migrantinnen wurden über Kurzberatung im Bagatellbereich erreicht.

Dies zeigt, dass das frauenspezifische, niedrigschwellige, bedarfsorientierte Projektkonzept mit 3-Stufen-Plan genau richtig war und ist, um die Zielgruppe zu erreichen und über spezifische Angebote und Maßnahmen stufenweise und nachhaltig für eine stärkere Teilhabe in Alltag und gesellschaftlichem Leben, Bildung und Beruf zu befähigen.

Es zeigt aber auch die hohen Bedarfe an niedrigeschwelligem Empowerment und ganzheitlicher Unterstützung der Zielgruppe - die längerfristig bearbeitet werden sollten und auch über die Projektlaufzeit hinaus weiterhin bestehen!

Empowerment-Geschichte einer Teilnehmerin des Teilprojekts
Empowerment-Geschichte einer Teilnehmerin des Teilprojekts
Empowerment-Geschichte einer Teilnehmerin des Teilprojekts
Empowerment-Geschichte einer Teilnehmerin des Teilprojekts IRIS
Empowerment-Geschichte einer Teilnehmerin des Teilprojekts Kolping
Empowerment-Geschichte einer Teilnehmerin des Teilprojekts Kolping

Projektbeteiligte

Projektpartner

Einen besonderen Mehrwert bildete der Netzwerkansatz im Projekt „EmMi“. Die fünf Partnerorganisationen – eine Migrant*innenorganisation, Träger der Frauen-, Familien- und Flüchtlingsberatung sowie der Bildungs- und Qualifizierungsarbeit – brachten ihre heterogene Expertise in die Projektarbeit ein. So konnten träger- und standortübergreifend wertvolle Synergien bei der Entwicklung innovativer und bedarfsorientierter Ansätze und Formate genutzt werden. Dadurch konnten zu einer landesweiten Verankerung von Qualitätsstandards beigetragen und die Verbesserung der Teilhabechancen von Migrantinnen auch auf struktureller Ebene vorangetrieben werden. Unter der Koordination der Werkstatt PARITÄT wurde "EmMi" gemeinsam mit den vier operativen Partnern an verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg umgesetzt:

Ansprechperson

Bild: Kirsi-Marie Welt
Kirsi-Marie Welt
0160 7827665
Frau in dunklem Blazer und hellblauer Bluse blickt frontal in die Kamera
Sandra Weeber
Finanzsachbearbeitung
0151 72435175